Bad Street Brawler


von Seppatoni
01.10.2023

„Software sells Hardware“ besagt ein alter Spruch. Scheinbar dachte man sich das auch bei Mattel. Mit dem Power Glove veröffentlichte der Spielzeughersteller Ende 1989 einen neuen, innovativen Controller: Ein Kunststoff-Handschuh, der er erlaubt, Spiele durch Bewegungen von Arm und Fingern zu steuern. Um für den Release des Zubehörs gewappnet zu sein, entschied man sich jedoch nicht für eine Neuentwicklung, sondern fand die Lösung in Form eines Beat ‘em Ups von Beam Software, das bereits unter den Namen Bop’n Rumble und Street Hassle auf Heimcomputern erschienen ist. Für die NES-Umsetzung verpasste man dem ersten Titel der „Power Glove Gaming Series“ kurzerhand einen neuen Namen: „Bad Street Brawler“.

Ihr schlüpft in die Rolle von Duke Davis, einem früheren Punk-Rocker und Experten in Sachen Martial Arts. Die Straßen seiner Heimatstadt sind geprägt von Gewalt und Verbrechen. So nimmt er es selbst in die Hand, die Quartiere von den Unruhestiftern zu befreien, damit sich die Bewohner wieder ohne Furcht auf die Straße trauen können.

Seine Waffe ist sein enormes Repertoire an Kampftechniken. Insgesamt 15 Aktionen beherrscht Duke, die er bei der Säuberungsaktion einsetzt. Allerdings sind diese auf 3 verschiedene Angriffsaktionen pro Stage limitiert. Vor jedem Abschnitt werden euch diese in einem Screen kurz präsentiert, mithilfe eines Sandsacks können die Attacken auch gleich ausprobiert werden.

Seid ihr bereit, könnt ihr euch dem unruhestiftenden Gesindel stellen. Ihr marschiert klassisch von links nach rechts, werdet immer wieder von Gegnern attackiert und kriegt es auch laufend mit Zwischen- und Endbossen zu tun. Verschiedene Punks gehören zu euren Gegnern, genau wie auch mies gelaunte Sportler oder aggressive Hunde und sogar Affen. Habt ihr die Gegner in die Flucht geschlagen, hinterlassen sie ihre Waffen, die ihr aufnehmen könnt. Diese dürft ihr nicht - wie man vermuten könnte - selber einsetzen, nein, sondern werden nach Levelabschluss in einen Müllcontainer geschmissen. Im Gegenzug gibt es für die entsorgten Gegenstände einen Bonus aufs Punktekonto.

Während des Spiels sitzt euch stets ein knappes Zeitlimit im Nacken. Wer alle Gegner verprügeln möchte, der wird öfters mal die Grenzen der Zeitrahmens kennenlernen. Aber zum Glück erweist sich das Spiel hier als entgegenkommend: Mit Ausnahme von Zwischen- und Endbossen müsst ihr keine weiteren Gegner besiegen. Und da euch diese nur Schaden zufügen, wenn sie euch auch attackieren, könnt ihr einfach durch die Bösewichte hindurchrennen, bis der nächste Zwischenboss aufwartet. Mit insgesamt 15 Stages, die auch abwechselnd zu zweit absolviert werden können, wird ein solider Umfang geboten.
Technisch zerreißt das Spiel keine Stricke. Der Großteil des Screens ist in lila gehüllt und mit einigen Anzeigen versehen, das Geschehen im Mittelteil reißt ebenfalls niemanden vom Hocker. Stumpfe Animationen, langweilige und sich stets wiederholende Hintergründe dominieren das Bild. Auch musikalisch hat Bad Street Brawler außer billigem Standard-Gedudel nichts zu bieten.

Kommen wir nun zur Steuerung. Mit der normalen Controller-Steuerung habt ihr das Geschehen gut im Griff. Etwas gewöhnungsbedürftig ist der Sprung mittels oben auf dem Steuerkreuz, die anderen Kommandos klappen ganz ordentlich. Etwas mühsam ist, dass ihr in jeder Stage 3 neue Moves zugewiesen bekommt und euch erst mal wieder merken müsst, welche Taste welche Aktion auslöst.

Spannender ist jedoch die Kontrolle mit dem Power Glove, schließlich wird der Titel ja großartig damit beworben, dass dieser extra dafür entwickelt wurde. In der Spielanleitung selber wird dies aber mit keinem Wort erwähnt, sondern nur die normale Gamepad-Steuerung erklärt.

Mit Armbewegungen nach links oder rechts lasst ihr Duke in die entsprechende Richtung laufen. Ein Heben des Arms löst einen Sprung aus. Mit Daumen und den anderen Fingern werden Attacken ausgeführt. Was in der Theorie ganz passabel klingt, gestaltet sich in der Praxis als komplettes Chaos. Das Erkennen der Armbewegungen artet zu oft in reines Glücksspiel aus. Kommandos werden ignoriert oder willkürlich umgesetzt. Auch die Fingerkommandos werden nur selten wie gewünscht umgesetzt. Meist zuckt Duke wild umher und führt - selbst wenn man die Finger gar nicht bewegt - willkürlich irgendwelche Attacken aus. Mag man sich so noch durch die ersten Stages wursteln können, wird das ganze später nahezu unspielbar. Und selbst wenn die Steuerung in einem seltenen Moment mal ansatzweise funktioniert, ist die Eingabe viel zu träge, um im Kampfgetümmel siegreich zu bleiben. Dazu stellen sich auch rasch Ermüdungserscheinungen ein.

Ein ähnlicher Reinfall wie die großspurig angekündigte Power Glove-Unterstützung ist auch das Spiel selber. Selbst mit Controller-Steuerung ist Bad Street Brawler eine komplette Spielspaßgurke. Simples Durchrennen durch die stets gleichen Levels und dazu Bosse vermöbeln, die mit dem richtigen Timing keine Herausforderung darstellen - so lockt man keine Spieler an die Konsole. Am Ende ist Bad Street Brawler nur ein lieblos hingeklatschtes Stück Software, dessen einzige Daseinsberechtigung war, im Hype um den Power Glove noch den einen oder anderen schnellverdienten Dollar abzugreifen.


Wertung


2/10

Kommentare



Seppatoni
Aus früherem Anspielen wusste ich, dass Bad Street Brawler nicht mit einem Double Dragon- oder Turtles-Spiel mithalten kann. Als ich die Cartridge aber für den Bericht zum Power Glove nochmals ausgegraben und ich mich etwas intensiver damit befasst habe, wurden meine niedrigen Erwartungen nochmals weit unterboten: Ein spaßfreies Simpelspielchen, das dazu noch hässlich aussieht und sich billig anhört. Doch richtig übel wird es erst, wenn man sich den Power Glove überstreift. Dass man so etwas unausgereiftes und unkontrollierbares als Zugpferd für die neue Hardware einspannen kann, ist eine Frechheit und ein Schlag ins Gesicht aller Leute, die sich damals Bad Street Brawler für ihren Handschuh zugelegt hatten.